
CO2-Kompensation – Eine Kritik

CO2-Kompensation – Eine Kritik
Die Klimakrise wird zunehmend greifbar. Der Juni 2023 war weltweit der wärmste Juni seit Beginn der Aufzeichnungen. Der 6. Juli 2023 gilt als der weltweit heißeste Tag seit Beginn der Aufzeichnungen, nachdem die Rekorde der Vortage jeweils nur einen Tag hielten. Und in Europa und anderswo auf der Welt erleben wir derzeit eine starke Hitzewelle.
Nicht alle diese Phänomene sind unmittelbar auf den Klimawandel zurückzuführen, sind durch ihn aber deutlich wahrscheinlicher und häufiger geworden.
Daher verwundert es nicht, dass viele Menschen versuchen, einen Beitrag zu leisten, um zumindest die schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise zu verhindern. Immer mehr Menschen ernähren sich vegetarisch, vegan oder reduzieren zumindest ihren Fleischkonsum. Viele fahren inzwischen lieber mit dem Zug in den Urlaub als ins Flugzeug zu steigen.
Was sich aber auch weiterhin großer Beliebtheit erfreut: Den eigens verursachten CO2-Ausstoß einfach auszugleichen bzw. zu kompensieren. Nach einem Covid-bedingten Rückgang in 2020 sind zwei der hier führenden Anbieter, die gemeinnützigen Organisationen myclimate Deutschland und atmosfair, inzwischen wieder auf deutlichem Wachstumskurs.
Gleichzeitig nimmt die Kritik an der CO2-Kompensation zu und hinterfragt zunehmend, ob die Kompensations-Zertifikate tatsächlich zu den versprochenen Einsparungen führen. Die Fluglinie KLM sieht sich inzwischen sogar mit einer Greenwashing-Klage konfrontiert. Bei Effektiv Spenden sehen wir die Kompensations-Spenden ebenfalls sehr kritisch und zwar aus den folgenden Gründen.
Nicht ambitioniert!
Egal ob es nur um die Kompensation von Flugreisen oder sämtliche CO2-Emissionen geht, zu denen man kurzfristig beigetragen hat, der Anspruch scheint begrenzt. Im Vordergrund steht die Wiedergutmachung des zuvor angerichteten Schadens. Die Emissionen, welche in den letzten Jahrhunderten die Grundlage für unseren heutigen Wohlstand geschaffen haben, bleiben in der Regel unberücksichtigt. So führen Kompensationsspenden in der Regel nur dazu, dass man am Ende etwas weniger mitschuld ist.
Auch der Vorwurf, es wäre eine moderne Form des Ablasshandels, lässt sich nicht ganz von der Hand weisen. Beispielsweise, wenn eine Flugreise nur deshalb angetreten wird, weil die damit verbundenen CO2-Emissionen im Nachgang durch eine Spende kompensiert werden können.
Ein Fokus auf Kompensation kann also, wenn auch gut gemeint, zu einer Hemmschwelle für ambitionierteres Verhalten werden.
Wir wollen mehr. Wir glauben, dass jeder Mensch einen deutlich größeren Beitrag leisten kann, als lediglich die etwa acht Tonnen CO2 zu kompensieren, für die man pro Jahr in Deutschland durchschnittlich verantwortlich ist.
Nicht kosteneffektiv!
Die bekanntesten Initiativen zur Kompensation von CO2 berechnen für jede zu kompensierende Tonne mehr als 20 Euro – wenn man also 20 Euro spendet, soll dafür eine Tonne CO2 kompensiert werden. Dabei wird vor allem auf (nur scheinbar) sichere Projekte gesetzt, die der breiten Öffentlichkeit intuitiv sympathisch sind. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es sich dabei auch nur annähernd um die effektivste Möglichkeit zur Emissionseinsparung handelt.
Unabhängige Evaluierungen von Klimaschutzorganisationen zeigen: Wird Forschung gefördert oder politische Rahmenbedingungen verbessert, ist dies um ein Vielfaches kosteneffektiver als Maßnahmen, wie sie im Rahmen von CO2-Kompensation beworben werden. Aufgrund der potentiell großen Hebelwirkung ist dies selbst dann der Fall, wenn nicht alle Projekte ihre Ziele erreichen.
In das Pflanzen von Bäumen zu investieren mag attraktiver klingen als sich für eine progressive Gesetzgebung zur Eingrenzung des Methanausstoßes europäischer Öl- und Gasanlagen einzusetzen. Aber wenn letzteres mit jedem Euro bis 15-30 mal mehr für den Klimaschutz bewirkt, dann wird aus der kühl klingenden Kosten-Nutzen-Analyse ein moralischer Imperativ. Der Klimawandel ist einfach schon zu weit fortgeschritten, als dass wir es uns leisten können, nur auf Maßnahmen zu setzen, die gut fürs Klima und direkt ein gutes Bauchgefühl hinterlassen.
Unsere Alternative
Wir haben uns bewusst für einen anderen Weg entschieden und sind der Meinung, dass man seine Spenden im Bereich Klimaschutz ganz auf die effektivsten Organisationen konzentrieren sollte, also auf solche, die nicht nur unabhängig geprüft, sondern denen auch im Vergleich zu anderen Initiativen eine herausragende Kosteneffektivität bescheinigt wurde.
Dazu gehört die Clean Air Task Force, die sich beispielsweise für die Vermeidung des extrem klimaschädlichen Gases Methan einsetzt. Eine zweite Empfehlung ist die Organisation Carbon180, die sich auf die Unterstützung natürlicher und technologiebasierter Maßnahmen konzentriert, um der Atmosphäre CO2 zu entziehen – ein im öffentlichen Diskurs weiterhin verhältnismäßig vernachlässigter Bereich, dem der Weltklimarat (IPCC) jedoch enorme Wichtigkeit beimisst. Oder die Future Cleantech Architects, die die Dekarbonisierung besonders schwieriger industrieller Prozesse in der Zement- und Stahlindustrie oder auch im Flugverkehr vorantreiben. Gebündelt kann man diese und weitere besonders vielversprechende Initiativen auch über unseren Spenden-Fonds: Klima schützen unterstützen.
Wie viel soll ich spenden?
Mit der Frage, wie viel man spenden soll, haben wir uns hier ausführlich beschäftigt. Eine pauschale Antwort dazu gibt es nicht, aber wie in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit oder Tierwohl halten wir es auch beim Klimaschutz, nicht für sinnvoll, sich an dem von einem selbst verursachten Schaden zu orientieren. Neben seinen finanziellen Möglichkeiten sollte viel mehr die Frage dominieren, wie wichtig einem der Kampf gegen die Klimakrise ist und was man bereit ist dagegen zu tun. Mit der natürlich begrüßenswerten Veränderung des eigenen Lebensstils können die meisten Menschen nur wenige Tonnen pro Jahr einsparen, mit effektiven und großzügigen Spenden potentiell Tausende.
Insbesondere bei Interesse eine größere Summe zu spenden, eventuell auch als Unternehmen, stehen wir gerne für eine individuelle Spendenberatung zur Verfügung und können gegebenenfalls auch Kontakte zu den empfohlenen Organisationen oder weiteren Expertinnen herstellen.
Weitere Spenden-Tipps
Die besten Lösungen sind um ein Vielfaches wirksamer als andere
Eine Spende an eine hochwirksame Organisation in einem relevanten Themenfeld erreicht leicht 100 Mal oder mehr viel Gutes als eine durchschnittliche Spende – eine großartige Nachricht für Spender, die mit ihrem Geld möglichst viel erreichen möchten.
Geldspenden sind besser als Sachspenden
Sachspenden verursachen in der Regel hohen Logistikaufwand. Zudem treffen sie häufig nicht exakt die Bedürfnisse der Zielgruppe.
Der Spendenmarkt funktioniert nicht
Die Marktmechanismen der freien Wirtschaft greifen im Spendenmarkt nicht. Daher ist es umso wichtiger, dass Hilfsorganisationen professionell evaluiert und miteinander verglichen werden.
Verwaltungskosten: Ein schlechter Grund zu spenden
Es gibt keinen Produktvergleich in dem auf die Verwaltungskosten der Hersteller eingegangen wird. Warum glauben viele Menschen, dass das beim Spenden anders sein sollte?
Vom (Un-)Sinn der Spendensiegel
Spendensiegel überprüfen nur die Einhaltung von Mindeststandards, sagen aber nichts darüber aus, wo man mit seiner Spende am meisten bewirken kann. Wir wollen das ändern.
Wie viel soll ich spenden?
Nichts, 1%, 4% oder 10% des eigenen Einkommens oder Vermögens? Soviel wie man Kirchensteuer zahlen würde? Was sagen die Philosophen und Religionen und wie viel spendet der Autor selber?
Intransparenz im gemeinnützigen Sektor
Der gemeinnützige Sektor in Deutschland ist extrem intransparent. Niemand weiß wie viele gemeinnützige Organisationen es überhaupt gibt geschweige denn wie viel Geld diese von wem erhalten.
Kinderpatenschaften:
Macht es Sinn zu spenden?Viele Hilfsorganisationen werben mit Kinderpatenschaften. Ist das seriös oder nur irreführendes Marketing? Was steckt wirklich dahinter und gibt es bessere Wege zu helfen?
Katastrophenhilfe: Eine kritische Betrachtung
Nichts beeinflusst das Spendenverhalten mehr als medial präsente Katastrophen, aber könnte man nicht viel mehr Menschen helfen, wenn man sich medial vernachlässigten Katastrophen zuwendet.
Entwicklungshilfe bringt doch nichts…
Immer wieder liest man , dass Entwicklungshilfe nichts bringen würde oder sogar kontraproduktiv sei. Das stimmt nur bedingt. Es kommt auf die Art der Entwicklungshilfe an, das sagen auch Kritiker.
Machen zweckgebundene Spenden Sinn?
Auch bei zweckgebundene Spenden hat man selten Einfluss wohin das Geld wirklich fließt und im schlimmsten Fall zwingt man die Organisation es sinnlos auszugeben.
Drei Dinge,die beim Spenden wichtig sind
Die meisten Menschen treffen ihre Spendenentscheidung spontan. Man wird auf der Straße angesprochen, erfährt im Bekanntenkreis von einem Projekt oder spendet an eine große, bekannte Organisation.
Philanthropie- und Spendenberatungen in Deutschland
Welche Anbieter für Spenden- und Philanthropieberatungen gibt es im deutschen Sprachraum – und was bieten sie an?